Aus einer Passion wird endlich ein konkretes Projekt! Das von Jeff Cooper propagierte und geförderte «Scout Rifle Concept» hat uns in der Vergangenheit schon immer fasziniert und die Vorstellung von einem «general purpose»-Gewehr auf Basis eines Karabiner 31 spornt uns an. Bis jetzt hatten wir jedoch nur wenig Erfolg unsere Idee mit fachmännischer Unterstützung zu einem realen Produkt zu entwickeln. Endlich ist es soweit und wir haben geeignete Partner gefunden – wir beginnen mit dem Projekt «Eidgenossen Scout»!

Das Projekt wird sich über einen längeren Zeitraum erstrecken. Daher haben wir uns entschlossen, die Projektfortschritte in separaten Beiträgen zu veröffentlichen und euch damit immer schnellstmöglich über die neusten Erkenntnisse auf dem Laufenden zu halten.

Das Projekt ist in folgende Themenbereiche aufgeteilt:

  • Projektidee und Projektziele – definieren der Anforderungen
  • Gewicht und Länge – Laufkürzung, Gewichtsreduktion, Mündungsbremse
  • Optik – Optikvarianten sowie Montage und Iron Sights
  • Schäftung – Wangenauflage, Riemenbefestigung, Zweibein, Zusatzmagazin…
  • Der «Eidgenossen Scout» ist geboren! Und warum es dennoch kein Scout Rifle ist.

Die Projektziele

Wir haben schnell festgestellt, dass nicht alle Definitionen von Jeff Cooper’s «Scout Rifle Concept» auf den «Eidgenossen Scout» auf Basis eines Karabiner 31 adaptiert werden können. So haben wir uns zusammengesetzt und aus unseren Ideen, angelehnt an das «Scout Rifle Concept», folgende Projektziele definiert:

  1. Als Basis für den «Eidgenossen Scout» ist ein Karabiner 31 in 7,5×55 Swiss zu verwenden und die notwendigen Änderungen sollten für jedermann und ohne grossen Aufwand möglich sein
  2. Das Gesamtgewicht von 4 Kilogramm und die Gesamtlänge von 1 Meter dürfen nicht überschritten werden ohne dabei die Mündungsgeschwindigkeit von 750m/s V0 bei 15°C zu unterschreiten
  3. Die Montage einer Optik für das sichere Ansprechen eines Zieles bis 400 Meter ist zwingend, dabei muss das Laden mit Ladestreifen gewährleistet bleiben und der Hülsenauswurf darf nicht beeinträchtigt werden, die Verfügbarkeit einer Notvisierung ist zwingend
  4. Die Montage eines geeigneten Riemens für den Transport und als Schiessunterstützung ist zwingend, ein Zweibein ist erwünscht jedoch nicht zwingend und zählt nicht zum Gesamtgewicht

Was heisst das aber jetzt genau?

1.) Als Basis für den «Eidgenossen Scout» ist ein Karabiner 31 in 7,5×55 Swiss zu verwenden und die notwendigen Änderungen sollten für jedermann und ohne grossen Aufwand möglich sein

Klar wollen wir von Karabiner31.ch einen K31 als Basis für unseren «Eidgenossen Scout» verwenden – alles andere macht ja auch nicht wirklich Sinn! Der Karabiner 31 ist nicht im weltweit verfügbaren Kaliber .308, wie von Jeff Cooper bevorzugt, erfüllt mit der 7,5×55 jedoch insbesondere in der Schweiz die mit dieser Definition verbundenen Anforderungen von Verfügbarkeit, Energie und Präzision. Selbstverständlich lässt sich ein K31 auch für die Verwendung vom Kaliber .308 umbauen, das erachten wir für unser Projekt jedoch als überflüssig und wird auch kaum «von jedermann ohne grossen Aufwand» realisierbar sein.

Zudem gewinnen wir, ausser einem vielfältigeren Angebot von Patronen, keinen Mehrwert, weder ballistisch noch bei der Effektivität. Im Vorfeld haben wir diesbezüglich bereits Abklärungen durchgeführt. Dazu nachfolgend einige interessante Fakten.

«7,5×55 vs. .308»

Für jeden erdenklichen Einsatzzweck findet sich in der riesigen Auswahl von .308-Patronen ein passendes Produkt – nicht so bei der «Schweizerin». Wie in jedem Kaliber gibt es auch bei der 7,5×55 Suisse (offizielle C.I.P.-Bezeichnung) unterschiedliche Hersteller und Patronentypen. Die Auswahl ist aber leider sehr begrenzt.

Aus Sicht der Performance muss sich die 7,5×55 oder GP11 jedoch in keinster Weise vor der weit verbreiteten .308 verstecken. Der ballistische Koeffizient der unterschiedlichen 7,5×55 ist wie bei der .308er je nach Patrone unterschiedlich und kann auf den jeweiligen Einsatzzweck abgestimmt werden. Auch die Energiewerte (Joule) sind respektabel und die maximale Überschall-Reichweite (MSSR = max supersonic range) reicht bei den meisten Patronen über 1’000 Meter. Alle diese Eigenschaften machen die 7,5×55 zu einer guten Allround-Patrone sowohl für das Long Range Schiessen (natürlich nicht Extreme Long Range) wie auch für das Sportschiessen.

Das jedermann Gewehr

Der «Eidgenossen Scout» soll ein Gewehr für jedermann und jedefrau sein, das vielseitig einsetzbar ist. Daher legen wir beim Endresultat auch grossen Wert darauf, dass die notwendigen Änderungen am Karabiner 31 mit etwas handwerklichem Geschick selbständig und ohne grossen Aufwand durchgeführt werden können. In der Regel handelt es sich um Anbauteile – da sehen wir keine Probleme. Änderungen am Basissystem können und dürfen nur durch eine Fachperson erfolgen – da kommen wir leider nicht drum herum.

2.) Das Gesamtgewicht von 4 Kilogramm und die Gesamtlänge von 1 Meter dürfen nicht überschritten werden, wobei eine Mündungsgeschwindigkeit von 750m/s V0 bei 15°C erreicht werden soll

Das wohl am schwierigsten zu erreichende Projektziel, ist das Gesamtgewicht auf unter 4 Kilogramm zu halten. Schon das System (Lauf und Verschluss) alleine wiegt bei einem originalen Karabiner 31 über 2,5 Kilogramm – da ist noch nicht einmal ein Magazin oder ein Schaft mit einberechnet! Die von Jeff Cooper vorgegebenen 3 Kilogramm zu erreichen, liegt mit dem K31 in weiter Ferne. Wir haben uns daher auf 4 Kilogramm als Zielgewicht (maximales Gewicht ungeladen mit allem Zubehör) für das Projekt geeinigt – ob das überhaupt möglich ist, da sind wir aber sehr skeptisch.

Teile oder Teilegruppen des Karabiner 31ungefähres Gewicht in Gramm
K31 ganz ohne Riemen4110
System mit Verschluss ohne Magazin2590
Lauf ohne Verschluss2150
Verschluss440
Magazin140
Oberer Holzschaft80
Unterer Holzschaft970
Schaftbänder110
weitere Metallteile und Schrauben220

Zum Thema Gewichtsreduktion sind also viele gute Ideen gefragt die wir im Laufe des Projektes erarbeiten und verifizieren müssen. Sicher ist: um das Gesamtgewicht des Karabiner 31 signifikant zu verringern und die angestrebte maximale Länge nicht zu überschreiten gibt es nur eine wirklich nützliche Lösung – einen kürzeren Lauf!

ACHTUNG!!!

Laufkürzungen sind rechtlich strengstens verboten! Es wird eine Ausnahmebewilligung des jeweiligen Waffenbüros benötigt und die Kürzung darf nur durch einen lizenzierten Büchsenmacher erfolgen!

Und JA, das gilt auch für den Karabiner 31 – auch wenn «man» das früher einfach so gemacht hat, war das zu dieser Zeit schon verboten und in höchstem Masse illegal – also «Finger weg davon»!

Im Laufe des Projektes werden wir uns um die verschiedenen Vor- und Nachteile von diversen unterschiedlichen Lauftypen und Lauflängen kümmern. Aktuell gehen wir von einer finalen Lauflänge von etwa 19-20 inch bzw. 48-51 Zentimeter aus. Dies sollte je nach Laufzustand passen um auf die gewünschte Mündungsgeschwindigkeit von 750m/s V0 bei 15°C zu gelangen und die Gesamtlänge von 1 Meter nicht zu überschreiten. Warum benötigen wir eine V0 genau in diesem Bereich? Ganz einfach: das BDC-Absehen unseres favorisierten Zielfernrohrs passt mit einer Mündungsgeschwindigkeit in diesem Bereich am besten auf die Haltemarken – so einfach ist das!

3.) Die Montage einer Optik für das sichere Ansprechen eines Zieles bis 400 Meter ist zwingend, dabei muss das Laden mit Ladestreifen gewährleistet bleiben und der Hülsenauswurf darf nicht beeinträchtigt werden, die Verfügbarkeit einer Notvisierung ist zwingend

Da der Karabiner 31 bekanntlich die Hülsen nach oben auswirft bieten sich bei der Montage eines klassischen Zielfernrohrs immer wieder Probleme beim Hülsenauswurf. Jeff Cooper’s «Scout Rifle Concept» sieht zwecks peripherem Sehen und dem Einsatz von Ladestreifen die Platzierung der Optik vor dem Auswurffenster vor, das kommt uns sehr entgegen.

Beim «Eidgenossen Scout» machen wir uns genau das zu Nutzen und fokussieren uns daher auf den Einsatz einer sogenannten LER Optik (Long Eye Relief – langer Augenabstand). Zielfernrohre mit dieser Ausprägung haben in der Regel eine variable Vergrösserung von 2-7fach, sind leicht und relativ kurz. Mit diesen Optiken lassen sich auch bei schlechteren Augen Ziele bis weit über 400 Meter sicher ansprechen. Klar sind sich Schweizer Schützen und Schützinnen gewohnt mit offener Visierung auf 300 Meter sicher zu treffen – aber eine etwas komfortablere Lösung scheint uns nicht verkehrt.

Die Möglichkeit zum Laden mit Ladestreifen wollen wir unbedingt beibehalten. Es bedingt zwar eine gewisse Übung mit den Ladestreifen umzugehen, der Zeitgewinn beim vollständigen Nachladen des Magazins ist aber enorm. Weiter lassen sich durch das offene Auswurffenster einfacher und schneller einzelne Patronen zuführen. Beides ermöglicht uns schneller wieder «ready» zu sein, wenn es einmal etwas hektischer wird.

Für alle Puristen unter uns und sollte das Zielfernrohr doch einmal den Geist aufgeben, haben wir die Verfügbarkeit einer Notvisierung als zwingende Anforderung definiert. Damit lässt sich der «Eidgenossen-Scout» auch problemlos ohne Optik auf nähere Distanzen einsetzen und spart damit natürlich Gewicht.

4.) Die Montage eines geeigneten Riemens für den Transport und als Schiessunterstützung ist zwingend, ein Zweibein ist erwünscht jedoch nicht zwingend und zählt nicht zum Gesamtgewicht

Der «Eidgenossen Scout» soll ja nicht nur im Schrank stehen, sondern auch benutzt werden. Für den Transport ist ein geeigneter Riemen daher zwingend notwendig. Denn ein Scout-Gewehr sollte je nach Bedarf auch an den Rücken gehängt werden, insbesondere wenn unverhofft Hindernisse überwindet werden müssen – und wer schon einmal einen ganzen Tag ein Gewehr herumgetragen hat, weiss von was wir sprechen.

Zusätzliches Gewicht sollte nach Möglichkeit vermieden werden. Überwiegen die Vorteile und muss ein «Feature» trotzdem eingesetzt werden, sollte es zumindest mehrere Aufgaben erfüllen können – so auch beim Riemen. Aus Erfahrung lassen sich verschiedene Gewehrriemen auch als Schiessunterstützung nutzen (Loop- oder Shooting-Sling). Genau das erwarten wir auch beim Riemen für den «Eidgenossen-Scout».

Das Zweibein hingegen, gerät, durch den Einsatz eines Riemens, etwas in den Hintergrund – erreichen wir doch mit dem «Shooting-Sling» eine relativ gute Stabilität in jeder Schiessposition. Selbstverständlich gilt auch hier – etwas mehr Komfort wäre wünschenswert, ist aber nicht zwingend notwendig. Insbesondere für das angestrebte Gesamtgewicht ist das Zweibein ein klarer Nachteil, ja sogar ein Killer. Sofern es einfach und ohne Werkzeug demontierbar ist, zählen wir es nicht zum Gesamtgewicht – die an der Waffe verbleibende Halterung jedoch schon!

Weitere nicht zwingende Anforderungen die wir als Wunsch in die Projektanforderungen mitnehmen

Im Markt der «Scout Rifles» haben wir ganz Interessante Innovationen gesehen. Ausschliessen möchten wir diese nicht und behalten diese daher als «Wunsch» in der Hinterhand.

  1. Die Möglichkeit ein Ersatzmagazin im System zu platzieren ist erwünscht, wobei das Ersatzmagazin nicht zum Gesamtgewicht zählt
  2. Die Möglichkeit ein klassisches Zielfernrohr mittels einer Picatinny-Schiene oder einer Seitenmontage zu montieren sollte weiterhin möglich sein

Fazit

Im Projekt «Eidgenossen Scout» werden wir sicher auf einige Herausforderungen treffen und wir rechnen auch mit «unlösbaren» Problemen. Trotzdem sind wir überzeugt, die gestellten Projektziele zu erreichen und am Schluss ein brauchbares Resultat zu erreichen. Wir konnten im Laufe der Zeit schon viel Erfahrung sammeln, welche wir sicher in das Projekt einfliessen lassen werden. Gemeinsam geht es jedoch einfacher – also begleite uns auf unserem Weg und sei Teil des Teams!